Wer sich konsequent vegetarisch oder vegan ernähren will, kommt derzeit nicht darum herum, im Supermarkt Zutatenlisten zu studieren und nach versteckten Tierprodukten zu suchen. Nötig ist das, weil es gegenwärtig keine Kennzeichnungspflicht für tierische Bestandteile in den Produkten selbst oder im Produktionsprozess gibt. Dabei hilft selbst das Kleingedruckte auf dem Etikett nur begrenzt weiter, denn viele Bestandteile müssen von den Herstellern gar nicht deklariert werden und sind im wahrsten Sinne des Wortes versteckt.
Eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht gibt es nicht
Der Gesetzgeber könnte dieses Problem mit wenig Aufwand lösen und mit einer staatlichen Kennzeichnungspflicht für Inhaltsstoffe tierischen Ursprungs mehr Transparenz schaffen. Dies würde immerhin mehreren Millionen Veganern und Vegetariern den Alltag ein Stück weit erleichtern. Und nicht nur denen. Schließlich leben in Deutschland auch Millionen von Menschen muslimischen oder jüdischen Glaubens, die aus religiösen Gründen kein Schweinefleisch essen. Darüber hinaus gibt es auch unter den Fleischessern viele Menschen, die sich bewusster ernähren wollen und schon gern wissen würden, was da eigentlich auf ihrem Teller liegt.
Von dieser Transparenz sind wir aber weit entfernt. Lange Zeit gab es gar keine lebensmittelrechtliche Definition der Begriffe ‘vegan’ und ‘vegetarisch’. Seit 2016 hat sich die Verbraucherministerkonferenz der Länder zwar auf eine gemeinsame Definition der Begriffe geeinigt, aber keine Regelung getroffen, dass als solche beworbene Produkte auch tatsächlich diese Definition erfüllen müssen. Auch was häufig verwendete Begriffe wie ‘veggie’ oder ‘veggiefreundlich’ konkret bedeuten sollen, bleibt meist unklar. Verpackungen mit diesem Aufdruck sind keine Garantie dafür, dass sich darin nicht doch Tierprodukte verstecken.
Es gibt viele Wege, wie eine Kennzeichnung aussehen könnte. Etwa ein gesetzlich definierter Standard für eine Kennzeichnung von Produkten, die für eine vegane oder vegetarische Ernährung geeignet sind. Ein solches anerkanntes und staatlich kontrolliertes Siegel, analog zum Bio-Siegel der Europäischen Union, gibt es derzeit nicht. Allerdings haben sich ein paar Logos durchgesetzt, die eine gewisse Orientierung ermöglichen: darunter die Veganblume der Vegan Society England und das grün-gelbe V-Label, das von ProVeg Deutschland vergeben wird.
Ein anderer Weg wäre es, die Hersteller dazu zu verpflichten, mittels eines definierten Symbols klar anzuzeigen, dass das Produkt tierische Bestandteile enthält bzw. dass tierische Produkte im Produktionsprozess eine Rolle gespielt haben. Dies würde die Kennzeichnung quasi invertieren. In Indien zum Beispiel markiert ein roter Punkt auf den Verpackungen tierische Inhaltsstoffe. Dies kann freilich nur dann funktionieren, wenn es tatsächlich gesetzlich verpflichtend ist und sich ohne Ausnahme auf alle Produkte erstreckt, auch auf importierte Artikel.
Politik setzt Prioritäten anders
Wie auch immer der Gesetzgeber das regelt: Hauptsache er tut es, damit die Intransparenz im Supermarkt ein Ende hat. Doch danach sieht es aktuell nicht aus. Im Gegenteil. Statt eine Kennzeichnungspflicht für tierische Bestandteile in Lebensmitteln durchzusetzen, führen Teile der Politik lieber einen grotesken Feldzug gegen pflanzliche Ersatzprodukte.
Unter der Flagge des Verbraucherschutzes kommen diverse Initiativen aus Deutschland und aus Europa daher, die verbieten wollen, dass pflanzliche Burger ‘Burger’ und pflanzliche Milch ‘Milch’ genannt werden. Hier möge die Lebensmittelindustrie doch bitte andere Begrifflichkeiten finden, wie etwa ‘Scheibe’. Sonst könne das den deutschen Durchschnittsverbraucher in die Irre führen, und im schlimmsten Fall im Einkaufskorb eines getäuschten Grillmeisters eine Tofuwurst landen.
Dieser Politikansatz erklärt nicht nur Veganer und Vegetarier zu Randständigen des Systems, sondern macht omnivore Verbraucher ganz nebenbei auch zu unmündigen Schutzbedürftigen, die Verpackungen nicht lesen können. Es ist ja nicht so, dass die Lebensmittelhersteller ihre pflanzlichen Ersatzprodukte mittels Täuschung überzeugten Fleischessern unterjubeln wollen. Die Verpackungsdesigner setzen ja eher alles daran, die pflanzliche Herkunft zu betonen, auch um die aktuell recht hohen Preise zu rechtfertigen. Diese Initiativen, die vor allem aus dem konservativen Teil des politischen Spektrums kommen, führen Verbraucherschutz ad absurdum.
Im Dickicht der E-Nummern
Da, wo es keine verlässlichen Siegel gibt, bleibt den Verbrauchern noch das geduldige Studium der Zutatenliste. Das hilft in vielen Fällen, lassen sich doch zumindest Zutaten wie Speck oder tierische Gelatine auf diesem Weg identifizieren. Doch auch Zutatenlisten lesen will gelernt sein, denn die versteckten Tierprodukte tarnen sich mitunter recht gut.
Eine besondere Herausforderung ist der Dickicht von E-Nummern, mit denen Zusatzstoffe auf den Verpackungen deklariert werden. Solche Zusatzstoffe werden zum Beispiel eingesetzt, um die Haltbarkeit, den Geschmack, die Farbe oder die Konsistenz von Lebensmitteln zu verändern. Viele E-Nummern verweisen auf Stoffe, die nicht tierischen Ursprungs sind, sondern synthetisch hergestellt werden. Häufig haben diese andere problematische Seiten, etwa hinsichtlich gesundheitlicher Risiken. Es gibt aber auch eine ganze Reihe von nicht-veganen und nicht-vegetarischen Zusatzstoffen, die sich auf der Produktverpackung nur als harmlose E-Nummer zu Erkennen geben.
Den Überblick über die E-Nummern zu behalten, ist auf jeden Fall schwer. Denn selbst die kryptischen Bezeichnungen, die den E-Nummern zugeordnet sind, verweisen meist nicht auf die tierische Herkunft. Zu den Zusatzstoffen, die sich in der Regel nur als E-Nummer identifizieren lassen, gehören zum Beispiel echtes Karmin (E 120), Schellack (E 104) und L-Cystein (E 920). Zudem gibt es eine ganze Reihe von E-Nummern, die unterschiedliche Fette anzeigen, wobei diese sowohl pflanzlicher als auch tierischer Herkunft sein können.
Gelatine und Karmin als Allzweckwaffen
Was einem im Supermarkt recht häufig begegnet – sowohl deklariert als auch undeklariert – ist tierische Gelatine. Diese wird aus Schlachtabfällen aus der Rinder- und Schweinezucht hergestellt, also aus Haut, Knochen und Bindegewebe. Gelatine wird von der Lebensmittelindustrie gern eingesetzt, weil sie Lebensmittel fester machen kann und daher als Bindemittel geeignet ist. Das kommt daher, dass sich Gelatine in erhitzten Flüssigkeiten schnell auflöst und ebenso schnell wieder feste Strukturen bildet, wenn sich das Produkt abkühlt. Für den Privatgebrauch gibt es tierische Gelatine vor allem in Form von dünnen Blättern zu kaufen.
Dass die Goldbären von Haribo Gelatine enthalten und daher für Vegetarier ungeeignet sind, hat sich inzwischen rumgesprochen. Weniger bekannt ist, dass sich das Verdickungsmittel auch in vielen anderen Produkten findet, zum Beispiel in zahlreichen Sorten von:
- Frischkäse und Quark
- Joghurt, insbesondere in fettreduzierten Sorten
- Margarine, insbesondere in fettreduzierten Sorten
- Pudding und Götterspeise
- Süßigkeiten und Kaugummis
In diesen Fällen ist Gelatine in der Zutatenliste aufgeführt. Aber man muss erstmal auf den Gedanken kommen nachzuschauen. Wer erwartet schon, dass Diät-Margarine Haut und Knochen von Tieren enthalten könnten? Die Verwendung von Gelatine als Bindemittel ist alles andere als alternativlos. Viele Hersteller verwenden statt tierischer Gelatine mittlerweile Agar Agar, Johannisbrotkernmehl, Pektin oder andere Zutaten.

Tierische Gelatine findet sich in zahlreichen Lebensmitteln | Nadezhda Andriiakhnia @ 123RF
Ein weiterer Stoff, der sich an diversen Stellen im Supermarkt versteckt, ist der rote Farbstoff Karmin, auch bekannt als E 120 oder Cochenille. Für die Herstellung von Karmin werden weibliche Schildläuse zerquetscht und ausgekocht. Diese produzieren den Farbstoff eigentlich, um natürliche Fressfeinde abzuwehren. Karmin wird zum Beispiel in Marmeladen, Gummibären, rosa Marzipanschweinen und diversen Getränken verwendet. Für die Herstellung von Campari wird noch heute Karmin verwendet, für Aperol mittlerweile nicht mehr.
Eine tierfreie Zutatenliste ist keine Garantie
Selbst der geübte Leser von Zutatenlisten ist nicht vor versteckten Tierprodukten gefeit. Denn zum einen gibt es es offene Produkte, die gar keine solche Liste haben, etwa im Obst- und Gemüsebereich, aber auch bei den Backwaren und an der Käsetheke. Zum anderen tauchen viele nicht-vegane und nicht-vegetarische Stoffe gar nicht erst auf der Zutatenliste auf.
Das gilt ganz besonders für tierische Bestandteile, die zwar im Produktionsprozess eine Rolle gespielt haben, die aber nicht als Zutat im eigentlichen Sinne gelten. Tierische Stoffe, die nachdem sie ihren Dienst getan haben, wieder aus dem Lebensmittel entfernt werden, müssen nicht auf dem Etikett deklariert werden. Auch tierische Aromen und Trägerstoffe für Vitamine müssen nicht als Zutaten ausgewiesen werden. Das führt dazu, dass viele Produkte noch nicht einmal vegetarisch sind, obwohl die Zutatenliste keinerlei tierische Produkte ausweist. Das zieht sich durch alle Bereiche im Supermarkt.
Versteckte Tierprodukte im Obst- und Gemüsebereich
Der Ort im Supermarkt, an dem wohl am wenigsten tierische Produkte vermutet werden, ist die Obst- und Gemüseabteilung. Das trifft für die meisten Artikel auch zu, aber selbst bei Obst und Gemüse lauern einige tierische Fallen. Zum Beispiel sind Äpfel nicht immer vegan. Wenn Äpfel stark glänzen, kommt das häufig daher, dass sie mit Bienenwachs überzogen sind. Häufig wird auch Schellack für das Wachsen von Obst verwendet. Das ist ein Sekret der Lackschildlaus.
Avocados sind streng genommen kein veganes Produkt. Denn die Bestäubung von Avocados erfolgt meist mithilfe von gefangenen Bienenvölkern, die von den Bauern von Feld zu Feld gebracht werden. Apropos Bestäubung: Besonders skurril ist der Grund dafür, warum für Feigen häufig Tiere sterben müssen. Der Blütenkelch von Feigen wird von Wespen befruchtet. Diese bleiben häufig bei der Befruchtung am Blütenkelch kleben und werden dann von der Feige umwachsen. Das heisst allerdings nicht, dass man beim Essen einer Feige jederzeit damit rechnen muss, auf eine Wespe zu beissen – die Tiere werden von der Pflanze vollständig zersetzt.
Während es bei Avocados und Feigen schwer ist, tierischen Komponenten aus dem Weg zu gehen, ist das bei Bananen etwas einfacher. Viele Bananen sind noch nicht einmal vegetarisch, weil ihre Schalen mit Chitosan behandelt wurden. Dieser Stoff stammt von Schalentieren, etwa aus dem Panzer von Garnelen. Er soll die Bananen für den langen Transport konservieren, so dass die Schale nicht ausreift und im Supermarkt schon braun gefärbt ist. Das trifft auf viele Bananen zu, aber nicht auf alle. Wer Bio-Bananen kauft, kann davon ausgehen, dass diese nicht mit Chitosan behandelt wurden.

Bananenschalen werden häufig mit einem Pestizid aus Schalentieren behandelt | StockSnap @ Pixabay
Vorsicht an der Käsetheke
Käse ist für Veganer allenfalls ein Thema, wenn es um Ersatzprodukte geht. Der Markt für Käseersatzprodukte wächst, ist aber nicht annähernd so groß wie der Markt für Fleischersatzprodukte. Für Vegetarier hingegen ist der Geschmack von Käse häufig der Hauptgrund dafür, warum sie nicht ganz auf Produkte aus tierischer Herkunft verzichten möchten. Allerdings sind viele Käsesorten nicht nur nicht vegan sondern auch nicht vegetarisch, enthalten also Bestandteile von toten Tieren.
Damit die Milch zu Käse gerinnt, braucht es ein Gerinnungsenzym. Bei vielen Käsesorten wird dafür tierisches Lab verwendet. Es wird aus den Mägen von toten Kälbern gewonnen. Nach dem Lebensmittelrecht muss tierisches Lab nicht als Zutat deklariert werden. Vor den Verbrauchern wird das also verschleiert. Mittlerweile gibt es zahlreiche pflanzliche und mikrobielle Alternativen. Dennoch wird für viele Käsesorten nach wie vor tierisches Lab verwendet. Hierzu gehören insbesondere Parmesan, Grana Padano, Pecorino und Gorgonzola.
Daraus leitet sich auch für eine ganze Reihe von verarbeiteten Produkten ab, dass diese nicht nur nicht vegan sondern noch nicht einmal vegetarisch sind. Zum Beispiel gilt das für sehr viele Pesto-Sorten. Denn zu den klassischen Zutaten von Pesto gehört Parmesankäse, der mit tierischem Kälberlab hergestellt wird. Inzwischen gibt es auch einige vegane Pesto-Sorten, doch die überwiegende Mehrzahl der Sorten ist noch nicht einmal vegetarisch.
Käse wird häufig mit tierischem Lab aus Kalbsmägen hergestellt | Eduard Zhukov @ 123RF
Nicht-deklarierte Tierprodukte im Backwarenbereich
Auch im Backwarenregal verstecken sich mehr Tierprodukte, als man zunächst meint. Dass Backwaren mit Speckwürfeln, eingebackenen Bockwürsten oder geschmolzenem Käse keine veganen Produkte sind, erklärt sich von selbst. Doch auch ganz unschuldig daher kommende Brote können Produkte vom toten Tier enthalten. Gerade Laugengebäck und Croissants werden nicht von allen, aber von vielen Bäckereien in Schweineschmalz ausgebacken. Gerade in der offenen Auslage ist dies häufig nicht gekennzeichnet. Daher lohnt die Nachfrage beim Bäcker oder ein Blick in die Zutatenliste, die ausliegt oder erfragt werden kann.
Viele industriell erzeugte Backwaren enthalten darüber hinaus die Aminosäure L-Cystein (E 920). Dieses Mittel soll den Teig elastischer und knetbarer machen und verkürzt die Backzeit. Früher wurde L-Cystein unter anderem aus Menschenhaar gewonnen, aber seit 2001 ist dies in der EU nicht mehr zulässig. Aktuell wird der Stoff aus Schweineborsten und Vogelfedern gewonnen. Auch hier gilt: Eine Deklarationspflicht für L-Cystein gibt es nicht, da es als technischer Hilfsstoff angesehen wird, nicht als Zutat im eigentlichen Sinn. Wer auf Nummer sicher gehen will, fragt nach oder kauft seine Backwaren im Bioladen. Nach der Bio-Verordnung ist die Verwendung von L-Cystein nicht erlaubt.
Bei der Produktion von Backwaren werden häufig Tierhaare verwendet | PV Productions @ 123RF
Mogelpackungen im Süßigkeiten- und Snacksregal
Dass die meisten Süßigkeiten nicht vegan sind, dürfte die wenigsten überraschen. Schließlich weist die Zutatenliste bei den meisten Süßwaren Milchbestandteile aus. Allerdings sind viele Bonbons, Kaugummis etc. nicht nur nicht vegan, sondern auch nicht vegetarisch. Das gilt zum Beispiel dann, wenn sie Gelatine enthalten, wie viele Fruchtgummis und Kaubonbons. Auch der Farbstoff Karmin findet sich häufig in Süßigkeiten, zum Beispiel in M&M’s.
Auf der anderen Seite gibt es auch Süßigkeiten, die auf den ersten Blick nicht vegan aussehen, aber keine tierischen Bestandteile haben. Unabhängig davon, ob das von den Herstellern so gewollt war oder ob das reiner Zufall ist. Hierzu zählen zum Beispiel Manner-Waffeln und der Erdnussriegel Mr. Tom. Auch Oreo-Kekse sehen zwar nach Milch aus, enthalten aber in den meisten Sorten keine tierischen Bestandteile.
Im Snack-Regal finden sich ebenfalls versteckte Tierprodukte. So sind viele Knabbereien mit Aromen tierischen Ursprungs versetzt, die von Wild, Geflügel, Rindern oder Schweinen stammen. Auf der Packung liest man davon nichts. Das ist nach geltendem Recht auch nicht nötig, denn Trägerstoffe von Aromen und Vitaminen müssen danach nicht deklariert werden.
Auch ansonsten lassen sich die Hersteller einiges einfallen, um Chips zu einem kleinen Zoo zu machen: Gelegentlich werden Chips in Schweineschmalz frittiert. Andere Sorten enthalten Karmin aus zermahlenen Schildläusen, ohne dass das auf der Verpackung angegeben ist. Es gibt aber auch vegane Varianten. Wem die Knabberlust beim Gedanken an Wirsing- und Grünkohlchips eher vergeht, kann auch zu einigen klassischen Sorten wie den klassischen Pringles greifen.

Viele Süßigkeiten enthalten Farbstoffe tierischen Ursprungs | Neydt @ 123RF
Gut verstecktes Tier im Getränkebereich
Viele Fruchtsäfte sind im Herstellungsprozess zunächst trüb. Um die Säfte zu klären, wird häufig tierische Gelatine eingesetzt. Diese zieht die Trübstoffe aus dem naturtrüben Obstsaft heraus. In dem Endprodukt – etwa einem klaren Apfelsaft – ist diese Gelatine dann nicht mehr enthalten. Sie gilt als technischer Hilfsstoff und muss daher aus rechtlicher Sicht nicht als Inhaltsstoff deklariert werden. Für den Verbraucher heißt das, dass er beim Einkaufen auf als vegan gekennzeichnete Produkte achten oder beim Hersteller nachfragen muss, wenn er auf Nummer sicher gehen will. Einige Hersteller – wie Hohes C oder Valensina – verzichten inzwischen auf die Verwendung von tierischer Gelatine zum Klären von Obstsäften. Das zeigt, dass es durchaus Alternativen zu diesem Verfahren gibt, wie etwa die Verwendung von Kieselerde, Erbsenprotein oder Agar Agar.
Viele Fruchtsäfte werden auch mit dem Hinweis beworben, sie würden besonders viele Omega-3-Fettsäuren enthalten. Das hört sich erst einmal irgendwie gesund an, kann aber bedeuten, dass diese Omega-3-Fettsäuren aus Fisch gewonnen wurden. Hier hilft in der Regel nur die Nachfrage beim Hersteller.
Was für viele Fruchtsäfte gilt, trifft auch für alkoholische Getränke zu. Im Produktionsprozess werden Wein und Sekt geklärt, sonst wären sie trüb. In der Praxis werden dafür geschlagenes Eiweiß, Gelatine oder Proteine aus Fischblasen verwendet. Diese Stoffe binden sich an die Trübstoffe und setzen sich dann am Boden ab. Die meisten Weine sind daher nicht vegan und auch nicht vegetarisch. Mittlerweile gibt es einige Weine, die als vegan ausgewiesen sind. Häufig sind das Bio-Produkte. In der Regel sucht man aber vergebens auf dem Etikett nach einem Hinweis darauf, ob tierische Produkte verwendet wurden.
Beim Bier sieht es etwas besser aus. Nicht weil Bier komplett tierfrei ist, im Gegenteil: Auch bei vielen Biersorten wird im Produktionsprozess Fischblase verwendet, um Hefepartikel aus dem Bier zu filtern. Einen Hinweis darauf auf dem Etikett gibt es in der Regel nicht. Aber im Fall von deutschem Bier verhindert das Deutsche Reinheitsgebot die Verwendung von Gelatine. Die Verbraucher können also bei deutschen Bieren davon ausgehen, dass sie clean sind, sofern es sich dabei nicht um Biermischgetränke handelt. Bei importierten Bieren ist Vorsicht geboten, aber auch einige ausländische Bierproduzenten, wie zum Beispiel Guinness, haben den Produktionsprozess angepasst und verwenden mittlerweile keine tierische Gelatine mehr.

Getränke werden häufig mit Schlachtabfällen geklärt | Vera @ 123RF
Versteckte Tierprodukte in Alltagsgegenständen
Das Problem von nicht-deklarierten tierischen Bestandteilen erstreckt sich nicht nur auf Lebensmittel. In so gut wie jedem Bereich unseres Alltags treffen wir auf Produkte, die zumindest zum Teil tierischer Herkunft sind: Knochenmehl in Zahnpasta, tierisches Fett in Lippenstiften, Schweineblut in Zigarettenfiltern – die Industrie ist sehr einfallsreich dabei, was sie mit Tierkörpern und Tiersekreten anstellen kann. Dabei ist es quasi unmöglich, dem aus dem Weg zu gehen. Selbst Trinkwasser wird regelmäßig mithilfe von Tierversuchen getestet.
Die niederländische Designerin Christien Meindertsma hat drei Jahre lang recherchiert, in welchen Produkten sich die Bestandteile von einem einzigen Schwein verstecken. Sie konnte Teile von Schwein 05049 – so der Name – in insgesamt 185 Produkten auf der ganzen Welt ausmachen. Darunter viele Lebensmittel, aber auch auf den ersten Blick unverdächtige Alltagsprodukte wie Streichhölzer, Zigarettenfilter, Wachsmalstifte, Porzellan und Kosmetika. Auch in Eisenbahnbremsen, Herzklappen, Sandpapier und Munition landeten Teile von Schwein 05049. Die Rechercheergebnisse hat Meindertsma zu einem Buch aufbereitet, in dem die 185 Produkte in ihrer Originalgröße abgebildet sind:
Nun werden einige sagen: Ist doch gut, wenn die nicht zum Essen bestimmten Bestandteile der Tiere für andere Zwecke genutzt werden statt sie wegzuwerfen. Doch bei diesen Verwendungsformen herrscht quasi gar keine Transparenz darüber, wo nun tierische Bestandteile enthalten sind und wo nicht. Menschen, die tierische Produkte in ihrem Alltag vermeiden wollen, haben nicht den Hauch einer Chance, dies zu tun. Dabei sollte eigentlich nachvollziehbar sein, dass manche Menschen gerne wüssten, ob sie sich mit ihrem Lippenstift tierisches Fett auf die Lippen schmieren oder ob ihre Zahnpasta Knochenmehl enthält.
Hier eine kleine – alles andere als vollständige – Übersicht darüber, in welchen Produkten sich häufig tierische Bestandteile verstecken:

Fortschritte und Rückschritte
An jedem einzelnen Tag wächst die Gruppe der vegetarisch oder vegan lebenden Menschen in Deutschland um eine vierstellige Zahl. Das geht auch an der Lebensmittelindustrie nicht spurlos vorbei. Um diese Gruppe nicht für ihre Produkte zu verlieren, passen zahlreiche Anbieter Rezepturen und Produktionsverfahren an und ersetzen Tierprodukte durch pflanzliche oder synthetische Alternativen.
Dass es auch andersherum geht, zeigt das Beispiel Mamba. Jahrelang hat Hersteller Storck bei allen Varianten der Produktlinie auf die Verwendung von tierischer Gelatine verzichtet. Dadurch war Mamba bislang eine gute vegane Alternative zu Maoam von Haribo, das seit jeher tierische Gelatine enthielt. Seit Januar 2020 vertreibt Storck nun Mamba-Produkte mit einer veränderten Rezeptur. Bei einigen Artikeln der Produktlinie verwendet der Hersteller jetzt ‘für ein noch größeres Kauvergnügen’ Gelatine aus Schlachtabfällen von Rindern. Daran konnten auch Proteste von Verbrauchern beim Hersteller nichts ändern.
Nur weil ein Produkt zu einem bestimmten Zeitpunkt tierfrei war, gibt das keine abschließende Gewissheit für die Zukunft. Solange es keine klare Kennzeichnungspflicht für tierische Inhaltsstoffe und Produkte im Produktionsprozess gibt, bleibt der Supermarkt für konsequente Veganer und Vegetarier ein unübersichtlicher Dschungel. Doch davon sollte man sich nicht demotivieren lassen. Ein wenig Orientierung beim Einkaufen können Apps wie CodeCheck oder der Einkaufsguide der PETA-Jugendorganisation bieten.
Quiz: Erkennst du versteckte Tierprodukte?
Mit den Hinweisen auf dieser Seite weisst du jetzt, was Karmin, Kasein, L-Cystein etc. sind und bist gerüstet für ein kleines Quiz zu versteckten Tierprodukten. Wenn du aufmerksam gelesen hast, sollte es dir ohne Weiteres möglich sein, alle tierischen Fallen für Veganer und Vegetarier zu erkennen und die volle Punktzahl abzustauben. Es geht darum, bei den folgenden zwölf Fragen jeweils aus vier Produkten dasjenige herauszufinden, das tierische Bestandteile enthält: